Ghost / Unknown Mass

Towada Art Center, Towada, JP 2010

Supervision: Nanjo & Associates
Architekten: Ryue Nishizawa, SANAA

Ghost ist ein Paradox, ein sichtbar gemachtes Unsichtbares. Die organische weiße Großskulptur kontextualisiert sich im Umfeld der minimalistischen Museumsarchitektur von Ryue Nishizawa, SANAA.
Umgeben von weißen, kubischen Gebäuden steht die monumentale, scheinbar amorphe Skulptur auf dem Rasen. Zwei schwarze Öffnungen am oberen Ende lassen die auf den ersten Blick abstrakte Erscheinung zum riesigen Gespenst werden.
Geister und Gespenster stellt man sich immateriell und unsichtbar vor – sie erlangen ihre Sichtbarkeit oft nur durch ein übergeworfenes, physisches Material wie ein Bettlaken. Ein solch übergeworfenes Tuch verhüllt die Form und zeigt sie gleichzeitig – eine Tatsache die nicht nur unter fiktionalen Gesichtspunkten interessant ist, sondern ebenso unter skulpturalen.
Auch Unknown Mass bezieht sich ausdrücklich auf die Architektur, an der sie positioniert ist. Von weitem betrachtet wirkt die Skulptur wie eine träge, glänzenden Masse, die vom Gebäuderand, der Schwerkraft folgend, nach unten abzutropfen scheint. Die Ausformung eines sich langsam bildenden Tropfens steht im Widerspruch zum Material, welches hochglänzend ist und eine Beweglichkeit wie Quecksilber evoziert. Eine völlig andere Deutung der abstrakt erscheinenden Skulptur erschließt sich dem Benutzer des Gebäudes – der Toilette des Skulpturengartens des Museums – , dem sich das Objekt nun als kopfüber ins Fenster hereinlugendes Gespenst erschließt. Die zwei Öffnungen in der Form werden sofort als Augen gelesen, was der abstrakten Form eine poetisch- animistische Komponente verleiht. Gleichzeitig kann diese Erkenntnis aber auch mit einen gewissen Überraschung verbunden sein, da man sich in der intimen Situation einer Toilette befindet.
Unknown Mass erlangt seine volle Bedeutung erst durch den Besuch des Toilettengebäudes, wo sich die Arbeit neu erschließt und in Beziehung zu Ghost gesetzt werden kann.

Fotos: inges idee