Piercing

Rathaus Heidenheim/Brenz 2001

An einer Ecke des Rathauses der Stadt Heidenheim/Brenz wird in Höhe des siebten Stocks ein großer Edelstahlring im Durchmesser von ca. 2,4 Meter montiert. Dieser durchbricht die Hauswand, um auf der anderen Seite der Hausecke wieder hervorzutreten, er sitzt quasi wie ein Ohrring im Haus. Dem eher rabiaten Eingriff in die Bausubstanz steht die stolze und identitätsstiftende Schmückung mit einem makellos gearbeiteten, polierten Edelstahlring gegenüber. Die Verzierung unserer Körper ist heutzutage ein alltägliches und weitverbreitetes Phänomen. Tätowierung oder Piercing gehört mittlerweile zum täglichen Straßenbild. Entspricht die Tätowierung eher der Malerei auf dem Körper, so ist das Piercing als Durchlöchern von Körpervolumina eindeutig ein bildhauerischer Akt. Die Perforierung der trennenden Haut des Gebäudes verschiebt den intimen Akt des Körperschmückens in den Raum der bildenden Kunst. Der Ring weist sowohl nach Außen (öffentlicher Raum) als auch nach Innen (privater Raum) und vereint somit diese beide Sphären. Letztlich ist die konkrete Gleichsetzung von Körper – als Ort von Intimität, Lust, Privatheit und Exhibitionismus – und Bau-Körper ein Katalysator, der wesentliche Fragen von öffentlichem und privatem Bereich thematisiert.

Fotos: inges idee